Prof. Dr. rer. soc. Rudolf Bieker ist Hochschullehrer am Fachbereich Sozialwesen der Hochschule Niederrhein mit dem Lehrgebiet Theorie und Strukturen sozialer Dienste/Sozialverwaltung.
Die Reihe „Grundwissen Soziale Arbeit“ wird nun schon bald 30 Bände umfassen. Was ist die Grundidee dieser Reihe? Wie ist sie aufgebaut?
Wer Soziale Arbeit betreibt, nimmt fortlaufend Rückgriff auf Wissen aus ihren diversen Bezugsdisziplinen. Für diesen Rückgriff will die Reihe die Fundamente setzen, und zwar ausgerichtet auf die Anforderungen der späteren Berufspraxis. Die Leser*innen sollen in jedem einzelnen Band der Reihe erkennen können, welchen Beitrag Wissenschaft für das Verständnis und die wissenschaftlich reflektierte Bearbeitung individueller Notlagen und sozialer Probleme leisten kann. Didaktisch und sprachlich sollen die Bände so gut gemacht sein, dass sie von Lernenden gerne in die Hand genommen werden. Am Ende soll der/die Leser*in sagen: „Ich habe etwas gelernt“ und nicht: „Ich bin frustiert.“ Neben Grundlagenwerken, etwa zur Psychologie oder zum Recht in der Sozialen Arbeit, gibt es Bände zu methodischen Ansätzen, zu Organisationsstrukturen und Arbeitsfeldern, aber auch zu wichtigen Handlungsbereichen, die nicht nur von aktueller Bedeutung sind, sondern uns dauerhaft beschäftigen, wie etwa das Thema Migration und Flucht. Unser Anspruch ist, für Lehre und Lernen qualitativ hochwertiges Material zu liefern.
Wie hat sich die Reihe in den letzten Jahren entwickelt?
Die Resonanz von Seiten der Berufskolleg*innen und der Studierenden ist von Anfang sehr ermutigend gewesen. Fast alle Bücher sind bei socialnet rezensiert worden. Dass die Reihe gut ankommt, zeigt auch die Tatsache, dass es kaum Schwierigkeiten bereitet, hervorragende Autor*innen zu finden. Ich freue mich, dass sich immer mehr Berufskolleg*innen, auch aus dem deutschsprachigen Ausland, an der Reihe beteiligen wollen. Die Bände nach ihrer Wichtigkeit zu unterscheiden, ist sicher schwierig. Einige Bände haben sich zu Standardwerken entwickelt, z.B. der Band von Frings zum Sozialrecht. Andere sind bereits in der zweiten oder dritten Auflage erschienen.
Gerade sind zwei neue Bände zu ethischen Themen erschienen: „Menschenrechte – Kompass für die Soziale Arbeit“ und „Ethik in der Sozialen Arbeit“ in zweiter Auflage. Welchen Stellenwert haben ethische Grundsätze in der Sozialen Arbeit?
Ich brauche als Sozialarbeiter*in begründete, von mir reflektierte Leitlinien, an denen ich mein berufliches Handeln ausrichten und kritisch überprüfen kann. Nicht umsonst haben Eberlei, Neuhoff und Riekenbrauk Ihrem brillanten Band über die Menschenrechte in der Sozialen Arbeit den Untertitel „Kompass für die Soziale Arbeit“ gegeben. Ethische Reflexionen und Positionsbestimmungen spielen in der Sozialen Arbeit insgesamt eine große Rolle. Man darf nicht vergessen, dass Entscheidungen von Sozialarbeiter*innen nicht selten in das Leben von Menschen eingreifen. Was hier erlaubt oder sogar gefordert ist, geht immer auf ethische Basisentscheidungen zurück. Wenn eine Profession zur Beseitigung von Ungerechtigkeiten beitragen soll, bedarf es einer Vorstellung davon, was gerecht und ungerecht ist. Ebenso brauchen wir eine Vorstellung von Menschenwürde, nicht zuletzt als Regulativ für unser eigenes Verhalten gegenüber Klient*innen.
Welche Themen werden in der Zukunft besonders wichtig in der Sozialen Arbeit und der Sozialpädagogik? Was erwartet die Leser und Leserinnen in den nächsten Jahren?
Die Reihe wird sich insgesamt weiter ausdifferenzieren, zum einen in Richtung spezifischer Handlungsfelder der Sozialen Arbeit, zum anderen in Richtung Methoden der Sozialen Arbeit. Bei den Methoden wünsche ich mir neben einer überblicksartigen Darstellung eine Mehrzahl von Einzelwerken, die spezifische methodische Ansätze aufgreifen, wie z.B. die Erlebnispädagogik, die tiergestützte Soziale Arbeit oder sportpädagogische Konzepte. In beiden genannten Bereichen ist das fachliche Orientierungsbedürfnis der Studierenden nach meiner Beobachtung groß. Eine Daueraufgabe ist, die bereits erschienenen Bände auf dem aktuellen Stand zu halten. Davon abgesehen gilt es noch die ein oder andere Leerstelle zu schließen. Ausgebaut werden soll das Angebot für Leser*innen, zusätzliche oder aktuelle Materialien zum Buch von der Homepage des Verlags herunterzuladen.